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Von Kunstschätzen und einer “Venezianischen Nacht” marokkanischer Prägung im Schloß


Vom Jahre 1943 an wurde das Allgäu mehr und mehr zum Fuftschutzkeller deutscher Kunst. Die Museen der den alliierten Luftangriffen ausgesetzten Großstädte, insbesondere jene des gefährdeten Rheinlandes, brachten ihre wertvollen Kunstobjekte zur Auslagerung ins Allgäu. Noch nie zuvor und auch nicht danach ist unsere Region so reich an Kunstwerken gewesen, wie in der Zeit zwischen 1943 und 1945. Auf Vermittlung des damaligen schwäbischen Heimatpflegers, Dr. Dr. Weitnauer, wurde der wertvollste Teil des Hessischen Landesmuseums Darmstadt in das Schloß Rauhenzell ausgelagert. Dr. Heinrich Merten, der damalige Konservator dieses Museums, hat aus dem brennenden Museum noch Kostbarkeiten geborgen und auf abenteuerlichen Wegen nach Rauhenzell gebracht. Als wegen der massierten Luftangriffe kaum mehr eine Verbindung zu den Großstädten des Westens bestand, schlug sich Dr. Merten noch einmal zu Fuß und per Anhalter von hier nach Darmstadt durch, um weitere wertvolle Kleinodien zu retten, darunter den Brautschmuck der Kaiserin Theophano. Sie hatte ihn als oströmische Prinzessin bei ihrer Vermählung mit dem Sohn Otto des Großen im Jahre 972 in Rom getragen. Dieser Schmuck wurde damals in höchst profanes Zeitungspapier eingewickelt und in einem abgeaschabten Rucksack auf gefahrvollen Umwegen nach Rauhenzell geschmuggelt.

Wie das folgende “Geschichtle” beweist, war aber mit dem Ende des Krieges die Gefahr für die Kunstschätze noch nicht vorüber. In das mit musealen Kunstobjekten vollgestopfte Schloß wurden kurzfristig 120 Marokkaner einquatiert, die ihren Sieg mit einer “Venezianischen Nacht” mit Fackelpolonaise durch sämtliche Schloßräume feiern wollten. Von diesem Umstand wurde Dr. Weitnauer duch den wohl zu recht um seine Museumsbestände besorgten Dr. Merten unterrichtet. Wie aber sollte man eine siegreiche Besatzungstruppe daran hindern, venezianische Nächte mit Fackelzug zu feiern? Vermutlich haben die beiden Kulturwächter ein Stoßgebet zum heiligen Otmar geschickt, sodaß dieser aus Angst um sein nahegelegenes Kirchlein seine schützende Hand über das feuchtfröhliche Treiben gehalten hat. Die Venezianische Nacht samt Fackelzug und dazugehörigem Besäufnis fand jedenfalls statt, ohne daß Schloß Rauhenzell mit dem eingelagerten Hessischen Landesmuseum Darmstadt in Flammen aufgegangen wäre.

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